Kompromisslos regionale Vegi-Küche

Im «Atelier Vert» in Davos/GR lässt Manuel Zünd seiner Kreativität freien Lauf. Das Resultat: ein Menü, das 700 Tage alt ist.

Das Atelier Vert verspricht Vegi-Küche auf Spitzenniveau: Auf der Karte stehen Gerichte wie Sauerteigbrot aus fermentierten Bergackerbohnen, selbst hergestellter Schimmel-Weichkäse gefüllt mit einer Gewürzsauce aus Bienenpollen der Alpenrose oder ein Shot aus selbst gezüchteten Spirulina-Algen und Holunderblüten. «Unser Konzept lässt sich mit vier Stichworten beschreiben: Regionalität, Saisonalität, Handwerk und Innovation», sagt Executive Chef Manuel Zünd.

Seine Idee vor zwei Jahren war, das Restaurant des Hotels Alpengold in Davos zu einem komplett vegetarischen Fine-Dining-Betrieb umzugestalten. Nachdem sich zeigte, dass das Konzept gut ankommt, wurde man in der Wahl der Zutaten immer kompromissloser. Wann immer möglich, werden die Produkte selbst hergestellt. So kommt etwa 40 Prozent des Gemüses aus dem eigenen Garten. «Das ist auf einer Höhe von 1600 Metern gar nicht so einfach. Aber wir lernen ständig dazu», so Zünd. Weiter kommen aus seiner Küche selbst gepresste Öle, rund 80 Essigsorten, selbgemachte Misopaste, Wermut, Kombucha oder Tempeh. Und die Regionalität zieht sich auch auf der Getränkekarte durch: Alle Weine und Spirituosen kommen aus dem Bündnerland.

Karotte statt Bison-Edelstück

Eine besonders wichtige Rolle spielt in Zünds Küche die Fermentation. «Wer wirklich regional arbeiten will, muss extrem gut planen. Denn wir müssen mit der Ernte von einem Sommer gleich zwei Saisons abdecken.» So wird vieles eingemacht und fermentiert, damit auch im Winter regionale Produkte verwendet werden können. «Unser letztes Menü war über 700 Tage alt, wenn man alle Fermentationsphasen zusammenzählt», so Zünd. Unter anderem arbeitet er oft mit Koji, einem japanischen Edelschimmelpilz.

Das Atelier Vert – unter anderem dekoriert mit Moos aus den Bündner Wäldern. (Bilder zvg)

Überhaupt müsse man kreativ sein, um mit einem vegetarischen Menü auch anspruchsvolle Gäste überzeugen zu können. «Mit Fleisch ist ein Wow-Effekt einfacher zu erreichen», so Zünd. «Ein qualitativ hochwertiges Stück Fleisch, beispielsweise vom Bauch eines Wagyu-Rinds, spricht für sich selbst. Jetzt arbeite ich mit einem Rüebli – daraus eine coole Story zu machen, ist aufwendiger.»

Das Amuse-Bouche: selbst gezüchtete Spirulina-Algen und Holunderblüten.

Doch es gelingt: Etwa mit einer thermophilen Karotte, die vier Wochen lang bei 62 Grad fermentiert und dadurch nicht nur komplett schwarz wird, sondern auch spannende Malznoten entwickelt. Dazu Bündner Röteli und Kirschen, alles direkt vor dem Gast auf einem mit Stickstoff betriebenen Anti-Grill bei minus 200 Grad als Pre-Dessert zubereitet – da kann das Stück Bisonfleisch bezüglich Wow-Effekt einpacken.

Bündner Moos an den Wänden

Manuel Zünds Traum: ein Restaurantkonzept, welches mit dem eigenen Garten und den Produzenten aus der Region einen nachhaltigen Kreislauf darstellt. «Davon sind wir derzeit aber noch weit entfernt.» Was er sicher nicht möchte: Greenwashing betreiben. «Jeder Gastronom spricht heute von Regionalität und Saisonalität. Oft kommt auf der Karte dann aber trotzdem knapp die Zwiebel aus der Schweiz.» Zünd will seine Vision durchziehen – von A bis Z. Das sei aber ein Prozess, der Zeit brauche. Doch er feilt ständig an neuen Ideen, die auch über die Küche hinausgehen. So ist eine Wand des Restaurants beispielsweise mit Moos aus dem Bündner Wald dekoriert. Und auch Teller und Besteck gibt es im Atelier Vert mittlerweile aus Bündner Arve und Lärche. Wer hier zu Gast ist, soll nicht nur kulinarisch verwöhnt werden – sondern komplett in die ganzheitliche Philosophie des Restaurants eintauchen.

(Angela Hüppi)


Fakten und Zahlen

Sitzplätze

35

Fläche

100 Quadratmeter

Mitarbeitende

Fünf Mitarbeitende mit 380 Stellenprozent

Öffnungszeiten

Donnerstags bis samstags von 18 bis 23.30 Uhr


Mehr Informationen unter:

alpengoldhotel.com